Michi2801
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Nach etwa zehn Jahren Entwicklung ist es endlich soweit: Der 15. Teil der Final-Fantasy-Reihe, der ursprünglich unter dem Namen Final Fantasy Versus XIII angekündigt wurde, steht für Besitzer einer Xbox One oder Playstation 4 bereit. Auch wir haben uns in die fiktionale Welt Eos begeben und den Roadtrip rund mit Prinz Nocits gewagt. In unserem Testbericht erfahrt ihr, ob sich das lange Warten gelohnt hat.
Anhang anzeigen 27393Bildquelle: Square Enix
Die furiosen Vier
Dreh und Angelpunkt der Geschichte rund um das Königreich Lucis und dessen Konflikt mit dem Imperium Niflheim ist Thronfolger Prinz Noctis, der als einzige spielbare Figur von Final Fantasy XV agiert. Dieser wird von seinem Vater Regis auf eine Reise zu Lunafreya gesandt, der Prinzessin des Königsreichs Tenebrae, das wie alle Königreiche des Landes Eos unter der Herrschaft von Niflheim steht. Das von Regis regierte Lucis, das sich durch den Einsatz eines Kristalls, der eine Barriere um die Hauptstadt des Reichs aufrechterhält, kann sich als einziges Königreich Niflheim widersetzen. Doch während sich Nocits auf den Weg macht, Lunafreya zu heiraten, um so in Tenebrae einen politischen Verbündeten zu finden, nutzt Niflheim die Unterzeichnung eines Friedensabkommens mit Lucis, um dessen Kristall unter die eigene Kontrolle zu bringen und die Stadt so angreifbar zu machen.
Noctis sieht sich mit der Zerstörung seines Reichs konfrontiert und sorgt sich gleichzeitig um Lunafreya, die er seit Kindheitstagen kennt, und deren Aufenthaltsort ihm nach den schrecklichen Ereignissen nicht mehr bekannt ist. Zu allem Übel wagen sich sogenannte Siecher, eine Art Dämonen, nachts aus der Erde und überziehen Eos mit Verwüstung und Schrecken. Damit einher geht, dass die Nächste scheinbar immer länger werden und die Bedrohung durch die Sicher so immer weiterwächst.
Glücklicherweise steht Noctis nicht alleine dar, sondern wird von drei Kumpanen unterstützt. Da haben wir zum einen Gladiolus, dessen Familie seit jeher die Königsfamilie beschützt, Prompto, einen aufgeweckten Burschen mit einer Liebe für Fotografie und Ignis, der Noctis mit Rat, Tat und seinen ausgezeichneten Kochkünsten zur Seite steht. Alle vier kennen sich seit ihrer Kindheit, was man in den zahlreichen Gesprächen über Gott und die Welt während ihres Roadtrips deutlich merkt. Die sich immer weiter vertiefende Gruppendynamik ist eine der großen Stärken des Spiels, da sie zum einen zur Glaubhaftigkeit der Figuren beiträgt und zum anderen zähe Gameplayaspekte aufzulockern weiß.
Anhang anzeigen 27394Bildquelle: Square Enix
Mit dem Regalia quer durchs Land
Genau jene Gameplayaspekte sind es, die dafür gesorgt haben, dass sich die Faszination für das Spiel bei mir erst nach vielen Spielstunden mühsam aufgebaut hat. Aber fangen wir von vorne an: Das lebhafte Quartett bewegt sich mithilfe eines an einen Audi angelehnten Wagens, dem Regalia, durch eine große, offene Welt. Anfänglich sind sie auf der Suche nach uralten Gräbern, in denen Königswaffen versteckt sind, die Noctis im Kampf gegen Niflheim und die Siecher unterstützen sollen. Nebenbei kann man sich die Zeit mit zahlreichen Nebenaufgaben vertreiben, die sich leider auf MMO-typische Hol-und-Bring-Aufgaben sowie Jagdaufträge beschränkten.
Der typische Ablauf einer solchen Aufgabe beinhaltet, dass man die Aufgabe natürlich zunächst annehmen muss, um sich dann zu einem auf der Karte markierten Bereich zu bewegen. Hat man noch keinen Parkplatz in der Nähe entdeckt, kann man mit dem Auto direkt zum Questgebiet fahren. Die Fahrzeit beträgt je nach Entfernung zwischen einer und sechs Minuten, in denen ich als Spieler tatsächlich nur darauf warte, endlich anzukommen. Zwar kann man den Regalia auch selbst steuern, doch beschränkt sich dies im Grunde auf das Abbiegen an Kreuzungen, da sich der Wagen wie auf Schienen über die Straßen bewegt.
Eingeschworene Fans der Reihe können sich die Zeit immerhin mit der Musik-Funktion des Wagens versüßen, bei der man zwischen zahlreichen Soundtracks älterer Final-Fantasy-Spiele wählen kann, die bei Händlern im Spiel erworben werden können. Ab dem dritten von insgesamt 13 Kapiteln der Hauptgeschichte lassen sich reitbare Chocobos mieten, die sich wenigstens querfeldein bewegen können und das Reisen von kurzen bis mittleren Distanzen etwas erleichtern.
Anhang anzeigen 27395Bildquelle: Square Enix
Campingstuhl und Lagerfeuer
Möchte man mehrere Aufgaben am Stück erledigen, ohne an einen sicheren Ort zurückzukehren, kann man an ausgewiesenen Stellen Zelten. Diese Übernachtungen in der freien Natur, aber auch gemietete Unterkünfte wie Wohnwagen oder Hotelzimmer, drehen die Zeit bis zum nächsten Morgen vor, sodass Noctis und seine Kameraden sich nicht mit den zu Beginn übermächtigen Siechern auseinandersetzen müssen, die nur Nachts auftauchen. Beim Zelten kann Ignis eine Mahlzeit für die Gruppe kochen, die deren Statuswerte für eine bestimmte Zeit erhöht. Neue Rezepte und Zutaten lassen sich an unterschiedlichsten Stellen in der Spielwelt finden. Außerdem kann man sich Fotos betrachten, die Prompto im Laufe der Zeit von der Gruppe knipst. Diese lassen sich abspeichern und auf Wunsch sogar teilen. Die Fotos von Prompto haben in Hinblick auf den Fortschritt im Spiel zwar keine Funktion, sind aber ein nettes Gimmick, das zum allgemeinen Feeling eines Roadtrips beiträgt.
Insgesamt haben mir die Nebenaufgaben und das Erkunden der offenen Welt jedoch wenig Freude bereitet. Das liegt vor allem daran, dass sämtliche dieser Aufgaben maximal mit einer dünnen Geschichte untermalt sind und in ihrer Masse zu sehr an MMORPGs erinnern. Quantität vor Qualität lautet hier eindeutig die Devise. Die offene Welt ist zwar grafisch zu großen Teilen eindrucksvoll dargestellt, bietet jedoch wenig Anreize, wirklich auf Entdeckungstour zu gehen. Weitere ärgerliche Schnitzer im Weltendesign wie das Abgrenzen bestimmter Questareale, deren Eingang ich teilweise erst nach mehrminütigem Suchen gefunden habe, ziehen das Spiel unnötig in die Länge. Selbst bei Verwendung der Schnellreisefunktion hatte ich zu keiner Sekunde das Gefühl, angemessen schnell voranzukommen, da die Ladezeiten vor allem beim Zurücklegen größerer Wege unfassbar lange sind.
Anhang anzeigen 27396Bildquelle: Square Enix
Echtzeitkämpfe ohne Tiefe
Das Herzstück eines jeden Final Fantasys waren bislang die Kämpfe, die bis zum letzten Ableger der Einzelspieler-Teile zumindest in manchen Aspekten rundenbasiert waren. Dieses Konzept wurde in Final Fantasy XV nun komplett über den Haufen geworfen und durch ein actionlastiges Echtzeitkampfsystem ersetzt, bei dem die drei Begleiter von Noctis kaum befehligt werden können. Lediglich eine aktive Fähigkeit lässt sich ihnen zuteilen, deren Einsatz bestimmte Aktionspunkte erfordert, die sich während des Kampfes aufbauen. Wie schon bei der offenen Welt verschenkt auch hier Square Enix massig Potential, da ich noch nicht mal einfachste Taktiken wie „greife das gleiche Monster an“ festlegen kann. Da Noctis Begleiter beispielsweise allzu gern in offensichtlichen Attacken mit Flächenschaden stehen bleiben, kommt schnell das Gefühl von Babysitting auf, da ich alle paar Sekunden die Lebensanzeige von Gladio, Ignis und Prompto mithilfe von Tränken und Elixieren aufrechterhalten muss.
Immerhin haben es einige Fähigkeitsbäume ins Spiel geschafft, die in Ansätzen an das Sphärenbrett aus Final Fantasy X erinnern. Hier können verdiente Fertigkeitspunkte in verbesserte Statuswerte, neue Fähigkeiten und Co. investiert werden. Das Steuern von Noctis innerhalb der Kämpfe ist zum Glück unheimlich spaßig geraten: Im optional eingeschaltetem Wartemodus kann ich Gegner in Ruhe analysieren und mein Waffenarsenal an ihre Schwächen anpassen. Der Angriff funktioniert zwar durch stupides Gedrückthalten einer einzigen Taste, doch lassen sich immerhin Variationen der Angriffe mithilfe des linken Analogsticks durchführen, die mit etwas Übung sinnvoll in den Kampf eingebunden werden können. Ein essentieller Aspekt der Kämpfe ist Noctis Fähigkeit, sich zu Gegnern und an bestimmte Punkte zu warpen. So bewegt man sich blitzschnell über das Schlachtfeld, kann gezielt ausweichen und an höhergelegenen, sicheren Punkten Lebensenergie regenerieren und die Schlacht überblicken.
Ich würde jedoch nicht über Final Fantasy XV schreiben, wenn es nicht auch hier einen Schnitzer zu erwähnen gäbe, der den Spielspaß in gewissem Maß ausbremst: die Kamera! Diese macht häufig, worauf sie gerade Lust hat, weshalb ich nahezu in jedem Kampf die Erfahrung mache, völlig die Orientierung zu verlieren und so nicht mehr gezielt ausweichen zu können. Auch das Magiesystem weiß mich wenig zu begeistern, da es sich auf Elementgranaten beschränkt, die Noctis mithilfe von an Zeltplätzen absorbierter Feuer-, Eis- oder Blitzenergie zusammenbasteln kann. Zwar lassen sich diese durch das Einbinden sammelbarer Gegenstände vielseitig erweitern und verändern, doch bleibt der Einsatz im Kampf durch hohe Abklingzeiten meist eine einmalige Notlösung. Notlösung ist ein gutes Stichwort, das auch auf die für Final Fantasy typischen Beschwörungen von Gottheiten im Kampf zutrifft. Diese lassen sich nur noch in ganz konkreten Situationen, die sowohl vom Ort als auch dem Zustand der Gruppe abhängen, auslösen. Im meinem etwa 35 Stunden langen Durchlauf ist dies in der freien Welt tatsächlich nur einmal möglich gewesen.
Anhang anzeigen 27397Bildquelle: Square Enix
Vom Großen zum Kleinen
Gelangte ich als Spieler bei Final Fantasy XIII noch nach rund 30 Stunden, die ich in engen Schlauchleveln verbracht habe, in eine offene Welt, finde ich mich beim neuesten Ableger der Videospielreihe in einer umgekehrten Situation wieder. Die letzten fünf der 13 Kapitel spielen nämlich in von der offenen Welt abgegrenzten Arealen und sind deutlich dichter erzählt. Ab diesem Punkt nimmt die erzählte Geschichte endlich an Fahrt auf, Hintergründe werden erläutert und ich habe nicht mehr das Gefühl, von verschiedensten Questgebern nur von A nach B geschickt zu werden. Die Inszenierung dieser letzten Abschnitte ist wirklich fantastisch und lässt mich oft mit offenem Mund vor der Konsole sitzen. Dennoch kann ich nur empfehlen, vor dem Start des Spiels den animierten Spielfilm Kingsglaive: Final Fantasy XV anzusehen, der wichtige Figuren detaillierter vorstellt und vor allem den Grundlegend Konflikt zwischen Lucis und Niflheim beleuchtet.
Schön ist, dass alle der vier Gruppenmitglieder eine sichtbare Entwicklung durchmachen, die vor allem im letzten dritten des Spiels sichtbar werden und sich teilweise sogar auf das Gameplay auswirken. Mehr sei dazu an dieser Stelle jedoch nicht verraten. Ohne das Hintergrundwissen aus dem Film könnte es jedoch schwierig werden, wichtige Figuren mit weniger Screentime wirklich zu verstehen. So ist es einerseits natürlich schön, dass die Narration des Videospiels durch Sekundärmedien wie Kingsglaive und eine animierte Kurzserie unterstützt wird, andererseits frage ich mich, ob das Spiel selbst nicht dazu in der Lage sein sollte, die Geschichte ihrer Komplexität angemessen zu erzählen.
Ruckelorgie vom Feinsten
Technisch kann das Spiel zu großen Teilen nicht begeistern. Zwar sind die Landschaft und vor allem die wenigen Städte wundervoll gestaltet, doch bricht gerade dort die ohnehin instabile Framerate des Spiels massiv ein. Das Ergebnis ist eine Ruckelorgie, die vielen Spielern übel aufstoßen könnte. Auch beim Reisen durch die offene Welt kommt es immer wieder zu störenden Bildrucklern, egal ob man den Regalia nutzt oder auf dem Rücken von Chocobos durchs Land streift. Gerade der Regalia bewegt sich in Kurven so ruckartig und dadurch unnatürlich, dass das Zusehen ein Graus ist. Glücklicherweise laufen die Kämpfe dafür ohne merkliche Bildrateneinbrüche ab, obwohl diese durch aufwändige Animationen zu begeistern wissen. Zu den technischen Schönheitsfehlern gesellt sich die geringe Auflösung in Kombination mit der vor allem auf Xbox One auffälligen Tiefenunschräfe. Zusammen ergeben sie ein wirklich unschönes Gesamtbild, an das man sich glücklicherweise von Zeit zu Zeit gewöhnt.
Anhang anzeigen 27398Bildquelle: Square Enix
Fazit
Final Fantasy XV wird die Spielergemeinde spalten. Hardcore-Fans der Reihe werden womöglich Probleme mit dem Kampfsystem und der uninspirierten offenen Welt haben. Neulinge der Serie finden dafür einen leichteren Zugang zum Spiel, ohne viel Zeit mit dem Erlernen von Spielmechaniken verbringen zu müssen. Mich selbst hat das Spiel anfangs durch den zähen Spielablauf und zahlreiche fragliche Designentscheidungen eher abgeschreckt. Im letzten Drittel der Geschichte hat es mich dafür überraschend gut unterhalten und einen positiven Gesamteindruck hinterlassen. Vor allem die tolle Gruppendynamik, die Inszenierung zentraler Ereignisse und die dichte Atmosphäre in den letzten Spielstunden haben mich an den Controller gefesselt und erst wieder losgelassen, als der Roadtrip nach rund 35 Stunden vorbei war.
Anhang anzeigen 27393Bildquelle: Square Enix
Die furiosen Vier
Dreh und Angelpunkt der Geschichte rund um das Königreich Lucis und dessen Konflikt mit dem Imperium Niflheim ist Thronfolger Prinz Noctis, der als einzige spielbare Figur von Final Fantasy XV agiert. Dieser wird von seinem Vater Regis auf eine Reise zu Lunafreya gesandt, der Prinzessin des Königsreichs Tenebrae, das wie alle Königreiche des Landes Eos unter der Herrschaft von Niflheim steht. Das von Regis regierte Lucis, das sich durch den Einsatz eines Kristalls, der eine Barriere um die Hauptstadt des Reichs aufrechterhält, kann sich als einziges Königreich Niflheim widersetzen. Doch während sich Nocits auf den Weg macht, Lunafreya zu heiraten, um so in Tenebrae einen politischen Verbündeten zu finden, nutzt Niflheim die Unterzeichnung eines Friedensabkommens mit Lucis, um dessen Kristall unter die eigene Kontrolle zu bringen und die Stadt so angreifbar zu machen.
Noctis sieht sich mit der Zerstörung seines Reichs konfrontiert und sorgt sich gleichzeitig um Lunafreya, die er seit Kindheitstagen kennt, und deren Aufenthaltsort ihm nach den schrecklichen Ereignissen nicht mehr bekannt ist. Zu allem Übel wagen sich sogenannte Siecher, eine Art Dämonen, nachts aus der Erde und überziehen Eos mit Verwüstung und Schrecken. Damit einher geht, dass die Nächste scheinbar immer länger werden und die Bedrohung durch die Sicher so immer weiterwächst.
Glücklicherweise steht Noctis nicht alleine dar, sondern wird von drei Kumpanen unterstützt. Da haben wir zum einen Gladiolus, dessen Familie seit jeher die Königsfamilie beschützt, Prompto, einen aufgeweckten Burschen mit einer Liebe für Fotografie und Ignis, der Noctis mit Rat, Tat und seinen ausgezeichneten Kochkünsten zur Seite steht. Alle vier kennen sich seit ihrer Kindheit, was man in den zahlreichen Gesprächen über Gott und die Welt während ihres Roadtrips deutlich merkt. Die sich immer weiter vertiefende Gruppendynamik ist eine der großen Stärken des Spiels, da sie zum einen zur Glaubhaftigkeit der Figuren beiträgt und zum anderen zähe Gameplayaspekte aufzulockern weiß.
Anhang anzeigen 27394Bildquelle: Square Enix
Mit dem Regalia quer durchs Land
Genau jene Gameplayaspekte sind es, die dafür gesorgt haben, dass sich die Faszination für das Spiel bei mir erst nach vielen Spielstunden mühsam aufgebaut hat. Aber fangen wir von vorne an: Das lebhafte Quartett bewegt sich mithilfe eines an einen Audi angelehnten Wagens, dem Regalia, durch eine große, offene Welt. Anfänglich sind sie auf der Suche nach uralten Gräbern, in denen Königswaffen versteckt sind, die Noctis im Kampf gegen Niflheim und die Siecher unterstützen sollen. Nebenbei kann man sich die Zeit mit zahlreichen Nebenaufgaben vertreiben, die sich leider auf MMO-typische Hol-und-Bring-Aufgaben sowie Jagdaufträge beschränkten.
Der typische Ablauf einer solchen Aufgabe beinhaltet, dass man die Aufgabe natürlich zunächst annehmen muss, um sich dann zu einem auf der Karte markierten Bereich zu bewegen. Hat man noch keinen Parkplatz in der Nähe entdeckt, kann man mit dem Auto direkt zum Questgebiet fahren. Die Fahrzeit beträgt je nach Entfernung zwischen einer und sechs Minuten, in denen ich als Spieler tatsächlich nur darauf warte, endlich anzukommen. Zwar kann man den Regalia auch selbst steuern, doch beschränkt sich dies im Grunde auf das Abbiegen an Kreuzungen, da sich der Wagen wie auf Schienen über die Straßen bewegt.
Eingeschworene Fans der Reihe können sich die Zeit immerhin mit der Musik-Funktion des Wagens versüßen, bei der man zwischen zahlreichen Soundtracks älterer Final-Fantasy-Spiele wählen kann, die bei Händlern im Spiel erworben werden können. Ab dem dritten von insgesamt 13 Kapiteln der Hauptgeschichte lassen sich reitbare Chocobos mieten, die sich wenigstens querfeldein bewegen können und das Reisen von kurzen bis mittleren Distanzen etwas erleichtern.
Anhang anzeigen 27395Bildquelle: Square Enix
Campingstuhl und Lagerfeuer
Möchte man mehrere Aufgaben am Stück erledigen, ohne an einen sicheren Ort zurückzukehren, kann man an ausgewiesenen Stellen Zelten. Diese Übernachtungen in der freien Natur, aber auch gemietete Unterkünfte wie Wohnwagen oder Hotelzimmer, drehen die Zeit bis zum nächsten Morgen vor, sodass Noctis und seine Kameraden sich nicht mit den zu Beginn übermächtigen Siechern auseinandersetzen müssen, die nur Nachts auftauchen. Beim Zelten kann Ignis eine Mahlzeit für die Gruppe kochen, die deren Statuswerte für eine bestimmte Zeit erhöht. Neue Rezepte und Zutaten lassen sich an unterschiedlichsten Stellen in der Spielwelt finden. Außerdem kann man sich Fotos betrachten, die Prompto im Laufe der Zeit von der Gruppe knipst. Diese lassen sich abspeichern und auf Wunsch sogar teilen. Die Fotos von Prompto haben in Hinblick auf den Fortschritt im Spiel zwar keine Funktion, sind aber ein nettes Gimmick, das zum allgemeinen Feeling eines Roadtrips beiträgt.
Insgesamt haben mir die Nebenaufgaben und das Erkunden der offenen Welt jedoch wenig Freude bereitet. Das liegt vor allem daran, dass sämtliche dieser Aufgaben maximal mit einer dünnen Geschichte untermalt sind und in ihrer Masse zu sehr an MMORPGs erinnern. Quantität vor Qualität lautet hier eindeutig die Devise. Die offene Welt ist zwar grafisch zu großen Teilen eindrucksvoll dargestellt, bietet jedoch wenig Anreize, wirklich auf Entdeckungstour zu gehen. Weitere ärgerliche Schnitzer im Weltendesign wie das Abgrenzen bestimmter Questareale, deren Eingang ich teilweise erst nach mehrminütigem Suchen gefunden habe, ziehen das Spiel unnötig in die Länge. Selbst bei Verwendung der Schnellreisefunktion hatte ich zu keiner Sekunde das Gefühl, angemessen schnell voranzukommen, da die Ladezeiten vor allem beim Zurücklegen größerer Wege unfassbar lange sind.
Anhang anzeigen 27396Bildquelle: Square Enix
Echtzeitkämpfe ohne Tiefe
Das Herzstück eines jeden Final Fantasys waren bislang die Kämpfe, die bis zum letzten Ableger der Einzelspieler-Teile zumindest in manchen Aspekten rundenbasiert waren. Dieses Konzept wurde in Final Fantasy XV nun komplett über den Haufen geworfen und durch ein actionlastiges Echtzeitkampfsystem ersetzt, bei dem die drei Begleiter von Noctis kaum befehligt werden können. Lediglich eine aktive Fähigkeit lässt sich ihnen zuteilen, deren Einsatz bestimmte Aktionspunkte erfordert, die sich während des Kampfes aufbauen. Wie schon bei der offenen Welt verschenkt auch hier Square Enix massig Potential, da ich noch nicht mal einfachste Taktiken wie „greife das gleiche Monster an“ festlegen kann. Da Noctis Begleiter beispielsweise allzu gern in offensichtlichen Attacken mit Flächenschaden stehen bleiben, kommt schnell das Gefühl von Babysitting auf, da ich alle paar Sekunden die Lebensanzeige von Gladio, Ignis und Prompto mithilfe von Tränken und Elixieren aufrechterhalten muss.
Immerhin haben es einige Fähigkeitsbäume ins Spiel geschafft, die in Ansätzen an das Sphärenbrett aus Final Fantasy X erinnern. Hier können verdiente Fertigkeitspunkte in verbesserte Statuswerte, neue Fähigkeiten und Co. investiert werden. Das Steuern von Noctis innerhalb der Kämpfe ist zum Glück unheimlich spaßig geraten: Im optional eingeschaltetem Wartemodus kann ich Gegner in Ruhe analysieren und mein Waffenarsenal an ihre Schwächen anpassen. Der Angriff funktioniert zwar durch stupides Gedrückthalten einer einzigen Taste, doch lassen sich immerhin Variationen der Angriffe mithilfe des linken Analogsticks durchführen, die mit etwas Übung sinnvoll in den Kampf eingebunden werden können. Ein essentieller Aspekt der Kämpfe ist Noctis Fähigkeit, sich zu Gegnern und an bestimmte Punkte zu warpen. So bewegt man sich blitzschnell über das Schlachtfeld, kann gezielt ausweichen und an höhergelegenen, sicheren Punkten Lebensenergie regenerieren und die Schlacht überblicken.
Ich würde jedoch nicht über Final Fantasy XV schreiben, wenn es nicht auch hier einen Schnitzer zu erwähnen gäbe, der den Spielspaß in gewissem Maß ausbremst: die Kamera! Diese macht häufig, worauf sie gerade Lust hat, weshalb ich nahezu in jedem Kampf die Erfahrung mache, völlig die Orientierung zu verlieren und so nicht mehr gezielt ausweichen zu können. Auch das Magiesystem weiß mich wenig zu begeistern, da es sich auf Elementgranaten beschränkt, die Noctis mithilfe von an Zeltplätzen absorbierter Feuer-, Eis- oder Blitzenergie zusammenbasteln kann. Zwar lassen sich diese durch das Einbinden sammelbarer Gegenstände vielseitig erweitern und verändern, doch bleibt der Einsatz im Kampf durch hohe Abklingzeiten meist eine einmalige Notlösung. Notlösung ist ein gutes Stichwort, das auch auf die für Final Fantasy typischen Beschwörungen von Gottheiten im Kampf zutrifft. Diese lassen sich nur noch in ganz konkreten Situationen, die sowohl vom Ort als auch dem Zustand der Gruppe abhängen, auslösen. Im meinem etwa 35 Stunden langen Durchlauf ist dies in der freien Welt tatsächlich nur einmal möglich gewesen.
Anhang anzeigen 27397Bildquelle: Square Enix
Vom Großen zum Kleinen
Gelangte ich als Spieler bei Final Fantasy XIII noch nach rund 30 Stunden, die ich in engen Schlauchleveln verbracht habe, in eine offene Welt, finde ich mich beim neuesten Ableger der Videospielreihe in einer umgekehrten Situation wieder. Die letzten fünf der 13 Kapitel spielen nämlich in von der offenen Welt abgegrenzten Arealen und sind deutlich dichter erzählt. Ab diesem Punkt nimmt die erzählte Geschichte endlich an Fahrt auf, Hintergründe werden erläutert und ich habe nicht mehr das Gefühl, von verschiedensten Questgebern nur von A nach B geschickt zu werden. Die Inszenierung dieser letzten Abschnitte ist wirklich fantastisch und lässt mich oft mit offenem Mund vor der Konsole sitzen. Dennoch kann ich nur empfehlen, vor dem Start des Spiels den animierten Spielfilm Kingsglaive: Final Fantasy XV anzusehen, der wichtige Figuren detaillierter vorstellt und vor allem den Grundlegend Konflikt zwischen Lucis und Niflheim beleuchtet.
Schön ist, dass alle der vier Gruppenmitglieder eine sichtbare Entwicklung durchmachen, die vor allem im letzten dritten des Spiels sichtbar werden und sich teilweise sogar auf das Gameplay auswirken. Mehr sei dazu an dieser Stelle jedoch nicht verraten. Ohne das Hintergrundwissen aus dem Film könnte es jedoch schwierig werden, wichtige Figuren mit weniger Screentime wirklich zu verstehen. So ist es einerseits natürlich schön, dass die Narration des Videospiels durch Sekundärmedien wie Kingsglaive und eine animierte Kurzserie unterstützt wird, andererseits frage ich mich, ob das Spiel selbst nicht dazu in der Lage sein sollte, die Geschichte ihrer Komplexität angemessen zu erzählen.
Ruckelorgie vom Feinsten
Technisch kann das Spiel zu großen Teilen nicht begeistern. Zwar sind die Landschaft und vor allem die wenigen Städte wundervoll gestaltet, doch bricht gerade dort die ohnehin instabile Framerate des Spiels massiv ein. Das Ergebnis ist eine Ruckelorgie, die vielen Spielern übel aufstoßen könnte. Auch beim Reisen durch die offene Welt kommt es immer wieder zu störenden Bildrucklern, egal ob man den Regalia nutzt oder auf dem Rücken von Chocobos durchs Land streift. Gerade der Regalia bewegt sich in Kurven so ruckartig und dadurch unnatürlich, dass das Zusehen ein Graus ist. Glücklicherweise laufen die Kämpfe dafür ohne merkliche Bildrateneinbrüche ab, obwohl diese durch aufwändige Animationen zu begeistern wissen. Zu den technischen Schönheitsfehlern gesellt sich die geringe Auflösung in Kombination mit der vor allem auf Xbox One auffälligen Tiefenunschräfe. Zusammen ergeben sie ein wirklich unschönes Gesamtbild, an das man sich glücklicherweise von Zeit zu Zeit gewöhnt.
Anhang anzeigen 27398Bildquelle: Square Enix
Fazit
Final Fantasy XV wird die Spielergemeinde spalten. Hardcore-Fans der Reihe werden womöglich Probleme mit dem Kampfsystem und der uninspirierten offenen Welt haben. Neulinge der Serie finden dafür einen leichteren Zugang zum Spiel, ohne viel Zeit mit dem Erlernen von Spielmechaniken verbringen zu müssen. Mich selbst hat das Spiel anfangs durch den zähen Spielablauf und zahlreiche fragliche Designentscheidungen eher abgeschreckt. Im letzten Drittel der Geschichte hat es mich dafür überraschend gut unterhalten und einen positiven Gesamteindruck hinterlassen. Vor allem die tolle Gruppendynamik, die Inszenierung zentraler Ereignisse und die dichte Atmosphäre in den letzten Spielstunden haben mich an den Controller gefesselt und erst wieder losgelassen, als der Roadtrip nach rund 35 Stunden vorbei war.
Wertung: 7,5